ISaR Projekt

Inclusive Services and Rehabilitation

Virtuelles Kompetenzzentrum zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit einer Sehbeeinträchtigung

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Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW
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Förderer
Technische Universität Dortmund
Heidehof-Stiftung

Basisinformationen für den Einstieg

Hier finden Sie Basisinformationen für den Einstieg in das Thema schulische Inklusion bei Blindheit und Sehbeeinträchtigung.

1. Der Begriff Inklusion

1.1. Was ist Inklusion?

Wir unterscheiden "Exklusion", "Integration" und "Inklusion". "In einer inklusiven Gesellschaft ist es normal, verschieden zu sein. Jeder ist willkommen. Und davon profitieren wir alle: Zum Beispiel durch den Abbau von Hürden, damit die Umwelt für alle zugänglich wird, aber auch durch weniger Barrieren in den Köpfen, mehr Offenheit, Toleranz und ein besseres Miteinander. Inklusion ist ein Menschenrecht, das in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben ist. Deutschland hat diese Vereinbarung unterzeichnet - mit der Umsetzung von Inklusion stehen wir aber noch am Anfang eines langen Prozesses" (Zitat: Aktion Mensch). Die Aktion Mensch hat ein Video erstellt, das Inklusion in 80 Sekunden erklärt.

Der Begriff Inklusion löst langsam den Begriff Integration ab. Damit ist auch ein Perspektivwechsel verbunden. Mit Integration ist eine Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die bestehenden Strukturen der Gesellschaft gemeint. Im Rahmen der Inklusion ist die Individualität jedes einzelnen Menschen Normalität und dementsprechend sind auch die gesellschaftlichen Strukturen, Einstellungen und Auffassungen von vornherein angelegt.

„Inklusion im Bildungsbereich bedeutet, dass allen Menschen die gleichen Möglichkeiten offenstehen, an qualitativ hochwertiger Bildung teilzuhaben und ihre Potenziale zu entwickeln, unabhängig von besonderen Lernbedürfnissen, Geschlecht, sozialen und ökonomischen Voraussetzungen.“ (Deutsche UNESCO-Kommission, 2014, S. 9)

Die Deutsche UNESCO-Kommission stellt den Begriff Inklusion in der Bildung auf ihrer Homepage ausführlich dar.

1.2. Die UN-Behindertenrechtskonvention

Am 13. Dezember 2006 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-BRK) verabschiedet. Die Behindertenrechtskonvention ist das erste universelle Rechtsdokument, das die bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen garantiert, stärkt und konkretisiert.
Alle Staaten, die diesen Vertrag annehmen, verpflichten sich dazu, ihre Gesetzgebung dahingehend anzupassen, dass die in der Konvention festgehaltenen Rechte verwirklicht und somit alle Menschen unabhängig von ihrer Behinderung gleichberechtigt in der Gesellschaft leben und an ihr teilhaben können.
Die UN-BRK schafft keine Sonderrechte, sondern konkretisiert und spezifiziert die universellen Menschenrechte aus der Perspektive der Menschen mit Behinderungen vor dem Hintergrund ihrer Lebenslagen. Auf der Webseite des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen (Behindertenbeauftragter) wird der Gedanke, dass Menschen mit Behinderung von Anfang an mitten in die Gesellschaft gehören, aufgegriffen.

Zentral für den Bereich Schule sind die Festschreibungen zur Bildung - Artikel 24. Dort steht das Recht auf eine gleichberechtigte Beschulung aller Kinder und Jugendlichen festgeschrieben: „States Parties shall ensure an inclusive education system at all levels and lifelong learning [...]. In realizing this right, States Parties shall ensure that [...] b) Persons with disabilities can access an inclusive, quality and free primary education and secondary education on an equal basis with others in the communities in which they live”.

Deutschland hat die UN-Konvention (inklusive des Protokolls) am 30.03.2007 als eines der ersten Länder unterzeichnet. Ratifiziert und damit innerstaatlich verbindlich wurde die UN-Konvention letztlich zwei Jahre später am 26.03.2009, womit sich Deutschland verpflichtet, die rechtliche Umsetzung vorzunehmen und bis zum März 2011 einen ersten Staatenbericht über die bisherigen Umsetzungsbemühungen und -erfolge vorzulegen. Diesen ersten Staatenbericht hat das deutsche Bundeskabinett im August 2011 mit fünfmonatiger Verspätung beschlossen. Für die Überwachung der Umsetzung der UN-BRK sorgt die Monitoringstelle UN-BRK
Laut Beschluss der KMK vom 18.11.2010 sei folgendes zu beachten: „Artikel 24 des Übereinkommens begründet für die schulische Bildung eine staatliche Verpflichtung, die dem Vorbehalt der progressiven Realisierung unterliegt. Das heißt, dass die Verwirklichung nicht innerhalb eines kurzen Zeitraums erreicht werden kann und dass eine Konkurrenz zu anderen gleichrangigen staatlichen Aufgaben besteht. Die Umsetzung des Übereinkommens ist damit als gesamtgesellschaftliches komplexes Vorhaben längerfristig und schrittweise angelegt“ (S. 2). Die Kultusminister betonen und konkretisieren in ihrem Beschluss die zentrale Herausforderung, die sich aus der Behindertenrechtskonvention für die deutsche Bildungspolitik ergibt.

Die Europäische Union hat am 23. Dezember 2010 die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ratifiziert. Dies bedeutet nicht nur einen weiteren Schritt in Richtung auf das Ziel der Komissionsstrategie, bis 2020 ein barrierefreies Europa für die rund 80 Millionen Europäer mit Behinderungen zu schaffen, sondern vor allem, dass ab sofort alle Entwicklungsprogramme der EU Menschen mit Behinderung einbeziehen müssen.

Der UN-Fachausschuss hat im Zeitraum von 2018 bis 2023 zum zweiten Mal die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland geprüft. Nach Einschätzung des Fachausschusses hat die Umsetzung der UN-BRK in den letzten Jahren deutlich nachgelassen. Ein Paradigmenwechsel zur Inklusion sei in Politik und Gesellschaft nicht ersichtlich.

„In Deutschland besteht aus Sicht des Allgemeinen Behindertenverbandes in Deutschland e.V. (ABiD) immer noch ein zu eindeutig ausgebautes System von Sonderstrukturen – sowohl in der schulischen Bildung und bei der Beschäftigung in Werkstätten als auch in Form von großen stationären Wohneinrichtungen. Zwar wird viel über Inklusion diskutiert, aber die Umsetzung durch Taten ist nicht konsequent genug.“

(Quelle: ABiD)


Die aktuell noch immer gültigen "Empfehlungen zum Förderschwerpunkt Sehen" von 1998 basieren auf den "KMK Empfehlungen zur sonderpädagogischen Förderung in den Schulen der Bundesrepublik Deutschland" aus dem Jahr 1994, in denen die Gleichrangigkeit der unterschiedlichen Förderorte betont wird.

weitere Informationen auf der ISaR Homepage

Bericht zur Lebenssituation von Menschen mit Beeinträchtigungen und zum Stand der Umsetzung der UN-BRK (Stand 2021)

Bericht "Sonderpädagogische Förderschwerunkte in NRW" (erschienen 2016/ Stand 2021)

Deutsches Institut für Menschenrechte

Stellungnahme zur Umsetzung des ABiD

1.3. Formen schulischer Inklusion

Es gibt unterschiedliche organisatorische Formen bei der gemeinsamen Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderungen. Eine Unterteilung lässt sich zum einen mit den Begriffen "zielgleich und zieldifferent" treffen. Bei zielgleicher Inklusion strebt der Schüler / die Schülerin dasselbe Klassenziel an wie die Schüler*innen ohne Behinderungen. Bei der zieldifferenten Inklusion wird der Schüler / die Schülerin nach einem anderen Lehrplan unterrichtet, bleibt aber im Klassenverbund. Dies kann beispielsweise bei Schüler*innen mit Lernbeeinträchtigungen oder mit geistigen Beeinträchtigungen der Fall sein.

Zum anderen gibt es bei der organisatorischen Umsetzung unterschiedliche Formen von der Inklusionsklasse bis zur sogenannten Einzelinklusion. In Inklusionsklassen werden mehrere Schüler*innen mit unterschiedlichen Förderbedarfen gemeinsam mit Schüler*innen ohne eine Behinderung beschult. Diese Klassen haben häufig insgesamt weniger Schüler*innen als andere Regelklassen und werden mit einer bestimmten Stundenanzahl (die je nach Bundesland differiert) von einer Regel- und einer Sonderschullehrkraft gemeinsam unterrichtet. In Inklusionsklassen wird häufig zieldifferent unterrichtet.

Bei der Einzelinklusion besucht ein Schüler / eine Schülerin mit Förderbedarf gemeinsam mit  Schüler*innen ohne Behinderung eine Klasse und wird je nach Bedarf stundenweise sonderpädagogisch beraten und unterstützt. Die zieldifferente Inklusion ist bei diesem Modell eher eine Ausnahme. Die Inklusion von Schüler*innen mit einer Sehbeeinträchtigung findet in den meisten Fällen als Einzelintegration statt.

In einigen Bundesländern gibt es sogenannte Außenklassen (Baden-Württemberg) oder sonderpädagogische Fördergruppen (Nordrhein-Westfalen). Dies sind Klassen, in denen Schüler*innen mit Förderbedarfen an einer Regelschule angegliedert sind - und dann in einigen Unterrichtsfächern eine Kooperation stattfindet. An vielen Schulen für Schüler*innen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen sind auch Kinder und Jugendliche, bei denen eine Sehbeeinträchtigung vorliegt. Diese können sehbeeinträchtigtenspezifische Beratung und Unterstützung in Form der sogenannten Kooperation erhalten. Die Möglichkeiten der sehbeeinträchtigtenspezifischen Beratung und Unterstützung ist - in Abhängigkeit vom Bundesland - sehr unterschiedlich. Einen Überblick über den Stand in den einzelnen Bundesländern bietet die Zusammenstellung von Latham & Watkins, die in akribischer Arbeit alle entscheidenden Gesetze und Regelungen in einer Art Synopse zusammengefasst haben.

1.4. Kinder und Jugendliche mit einer Sehbeeinträchtigung im Gemeinsamen Lernen

Die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz zur Sonderpädagogischen Förderung in den Schulen in der Bundesrepublik Deutschland sowie die Empfehlungen zum Förderschwerpunkt Sehen von 1998 - beides herausgegeben von der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der BRD - gehen von einer Gleichrangigkeit der Lernorte aus. Das heißt, Kinder und Jugendliche mit Behinderungen können in Deutschland sowohl in allgemeinen Schulen wie auch in Förderschulen beschult werden. Allerdings haben die Bundesländer in ihren Schulgesetzen die Einschränkung, dass Gemeinsames Lernen nur möglich ist "wenn die personellen, sächlichen und organisatorischen Voraussetzungen vorhanden sind".

Ausschlaggebend für die Schulwahl sind zum einen der Elternwille sowie die Lernbedingungen, die ein Kind bzw. Jugendlicher mit einer Sehbeeinträchtigung benötigt .

Das Gemeinsame Lernen im Förderschwerpunkt Sehen ist die sonderpädagogische Unterstützung von Schüler*innen mit einer Sehbeeinträchtigung an allgemeinen Schulen. Dabei steht die schulische und soziale Integration im wohnortnahen Umfeld im Vordergrund. Die Beratung und Unterstützung von Schüler*innen mit einer Sehbeeinträchtigung wird durch die Förderschulen in allen Bundesländern in unterschiedlicher Form seit etwa 50 Jahren durchgeführt. Die Konzepte des Gemeinsamen Lernens, Kursprogramme (Eltern- und Peergroupangebote) sowie Informationen zu den Arbeitsfeldern im Gemeinsamen Lernen finden Sie auf den Homepages der Förderschulen Sehen in allen Bundesländern. Wie dabei besondere Angebote im Förderschwerpunkt Sehen aussehen können und wie Inhalte des Erweiterten Curriculums für blinde und sehbeeinträchtigte Schüler*innen im Teamteaching, in Einzelförderung oder in Kursform vermittelt werden können, finden und diskutieren Sie hier.

Einen sehr breiten Einblick in das Gemeinsame Lernen gibt auch ein Video des Landesförderzentrums Sehen in Schleswig, das junge Menschen mit Sehbeeinträchtigung vor der Einschulung, während der Schulzeit und auch bei der Berufsausbildung begleitet.


Erfahrungen aus den USA und vielen europäischen Ländern, in denen die inklusive Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit einer Sehbeeinträchtigung als der "normale" Bildungsweg gilt, haben gezeigt, dass dies bei Bereitstellung der entsprechenden Rahmenbedingungen gut möglich ist.

1.5. Fakten

Aus der von der Kultusministerkonferenz für das Schuljahr 2020/2021 veröffentlichten Statistik geht hervor, dass in Deutschland 590.116 Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet wurden, davon 9.771 mit dem Förderschwerpunkt Sehen. Von diesen 9.771 Schüler*innen besuchten im Schuljahr 2020/21 5015 die allgemeine Schule. Das bedeutet, dass in diesem Schuljahr ca. 51% aller Schüler*innen, die einen festgestellten Bedarf im Förderschwerpunkt Sehen hatten, im Gemeinsamen Lernen beschult wurden.

Weitere Fakten finden Sie in der Statistiken zur sonderpädagogischen Förderung in Schulen

1.6. Weiterführende Informationen

Auch die Deutsche UNESCO-Kommission beschäftigt sich mit inklusiver Bildung weltweit und in Deutschland. Hier finden Sie die "Empfehlungen für ein inklusive Bildungssystem". Debatten, Aufsätze und Diskussionen zum Thema Inklusion können Sie in der Zeitschrift "Inklusion online" verfolgen: Inklusion online. Publikationen über Beispiele gelungener Inklusion und über den jährlichen "Jakob-Muth-Preis" für inklusive Schulen finden Sie auf der Webseite der Bertelsmann-Stiftung. Den Artikel "Über Widersacher der Inklusion und ihre Gegenreden (Essay) finden Sie im Downloadbereich des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Die Universität Osnabrück stellt eine Präsentation von Prof. Dr. Hans Wocken zur Verfügung.

2. Grundbegrifflichkeiten rund um Sehbeeinträchtigung

Der Begriff Sehbeeinträchtigung meint eine Einschränkung der visuellen Wahrnehmungsfähigkeit. Dabei kann eine Sehbeeinträchtigung über verschiedene Stufen der Sehbehinderung bis hin zur Blindheit reichen.

2.1. Medizinische und sozialrechtliche Definition von Sehbeeinträchtigung und Blindheit

Im medizinischen und sozialrechtlichen Bereich werden die Grenzen an den beiden Werten der Sehschärfe und des Gesichtsfeldes festgemacht.

Man unterscheidet zwischen korrigierbaren und nicht korrigierbaren Sehbeeinträchtigungen. Die korrigierbaren - z. B. Weitsichtigkeit, Kurzsichtigkeit - lassen sich weitgehend mit einer Brille oder Kontaktlinsen beheben. Nicht korrigierbare Sehbeeinträchtigungen sind meistens angeboren oder durch einen Unfall bzw. Krankheit verursacht und betreffen Störungen im Bereich des Sehnervs, der Netzhaut, der Linse, der Hornhaut, der visuellen Zentren im Gehirn o. Ä. Diese können durch die Korrektur durch eine Brille oder Kontaktlinsen nicht behoben werden. Viele Menschen mit Sehbeeinträchtigung tragen dennoch eine Brille, was auf eine Kombination aus korrigierbaren und nicht korrigierbaren Sehbeeinträchtigungen schließen lässt.

Nach sozialrechtlicher bzw. medizinischer Kategorisierung gelten Menschen, bei denen auch trotz Korrektur auf dem besseren Auge

  • eine Sehschärfte von nicht mehr als 0,3 (30%) besteht als sehbehindert.
  • eine Sehschärfte von nicht mehr als 0,05 (5%) besteht als hochgradig sehbehindert.
  • eine Sehschärfe von nicht mehr als 0,02 (2%) besteht als blind.

Das heißt, dass ein Mensch mit Sehbeeinträchtigung beipielsweise mit einer Sehschärfe von 0,3 ein Sehzeichen aus 1 m Entfernung erkennen kann, welches ein Normalsichtiger aus 3 m Entfernung erkennen kann.

Ebenso können Gesichtsfeldausfälle von entsprechendem Schweregrad eine Sehbeeinträchtigung begründen.

2.2. Sehschädigung aus pädagogischer Sicht

Um das Sehvermögen im Kindesalter einzuschätzen sind jedoch die beiden Faktoren Sehschärfe und Gesichtsfeld bei weitem nicht ausreichend. Aus diesem Grund hat die Kultusministerkonferenz im Förderschwerpunkt Sehen von der Angabe von Sehschärfe- bzw. Gesichtsfeldwerten abgesehen. Zur Beantragung von Hilfsmitteln und von Schwerstbehindertenausweisen gelten jedoch die sozialrechtlichen und medizinischen Definitionen.

"Unter pädagogischem Aspekt sind Sehen und visuelle Wahrnehmung Bezeichnungen für die Vorgänge und die Ereignisse von Aufnahme, Weiterleitung und Verarbeitung visueller Eindrücke, die mit Hilfe des Sehorgans in der Verknüpfung mit zentralen Funktionen stattfinden. Zum Sehorgan gehören Augen, Sehbahnen und die Sehzentren im Gehirn" (KMK 1998).

"Kinder und Jugendliche mit einer Sehbehinderung können ihr eingeschränktes Sehvermögen nutzen. Sie sind in vielen Situationen auf spezielle Hilfen angewiesen. Sie bedürfen besonderer Anleitung, sonderpädagogischer Förderung und technischer Hilfen. Dies kann auch bei Sehbehinderungen geringeren Grades notwendig sein, wie bei Beeinträchtigungen des Sehvermögens beider Augen oder bei Einäugigkeit" (KMK 1998).

"Blinde Kinder und Jugendliche können nicht oder nur in sehr geringem Maße auf der Grundlage visueller Eindrücke lernen. Sie nehmen Informationen aus der Umwelt insbesondere über das Gehör und den Tastsinn sowie über die Sinne der Haut, des Geruchs, und des Geschmacks auf" (KMK 1998).

Aus pädagogischer Sicht besteht ein fließender Übergang zwischen Sehbehinderung und Blindheit. So kann ein sehbehindertes Kind in einzelnen Bereichen auf blindenspezifsche Arbeitstechniken und Hilfsmittel angewiesen sein, während ein blindes Kind bestimmte Anforderungen visuell löst.

2.3. Funktionales Sehen

Mit dem Begriff des funktionalen Sehvermögens ist der Umgang eines Menschen mit seinem Sehvermögen in alltäglichen Situationen unter den dort vorhandenen Bedingungen gemeint. Es ist vor allem im schulischen Bereich sehr wichtig, das individuelle Sehverhalten des einzelnen Schülers unter alltäglichen Bedingungen - Lichtverhältnisse im Klassenzimmer, Entfernungen von der Tafel, etc. - zu prüfen. Zum Beispiel kann ein erheblicher Unterschied zwischen dem Sehen im Nahbereich und dem Sehen im Fernbereich beobachtet werden. Die Sehleistung wird beeinflusst vom physischen und psychischen Allgemeinzustand des Individuums, von der Tageszeit, von Helligkeit, Kontrast, Farbgebung u. v. m.

Das, was der Mensch mit einer Sehbeeinträchtigung sehen kann, hängt nicht nur von medizinisch messbaren Werten ab; Faktoren wie Erziehung, Erfahrung, Wissen und Motivation beeinflussen das Sehvermögen.

Um all diese Werte und Voraussetzungen bestimmen zu können, wird bei Schüler:innen mit Sehbeeinträchtigung - zusätzlich zu den medizinischen Tests beim Augenarzt - eine Einschätzung über das funktionale Sehen des Schülers / der Schülerin in der Schule oder zu Hause durchgeführt. Dabei wird durch Beobachtungen und mit verschiedenen Testverfahren das Sehvermögen, wie es individuell im Alltag genutzt wird, erhoben. Der Umgang mit Personen, mit Dingen, die Orientierung im Raum und die Steuerung und Kontrolle von Bewegungen werden mit einbezogen. Weitere wichtige Fragestellungen beinhalten u. a., welche aktuellen Handlungsinteressen das Kind hat, wie der Alltag des Kindes aussieht und welche Seherfahrungen das Kind gemacht hat und machen kann.

Ein Beispiel, wie solch eine individuelle Einschätzung des funktionalen Sehvermögens aussehen kann hat die finnische Augenärztin Dr. Lea Hyvärinen auf Ihrer Homepage veröffentlicht.

2.4. Cerebral bedingte Sehbeeinträchtigungen

Neben Sehbeeinträchtigungen, die das Auge betreffen, gibt es auch cerebral bedingte Sehbeeinträchtigungen. Grundlegend für die Sehbeeinträchtigung können hier strukturelle Schädigungen im Gehirn sein. Es können aber auch Probleme in der Verarbeitung der visuellen Informationen im Gehirn vorliegen. In beiden Fällen werden die durch das Auge aufgenommenen visuellen Informationen nicht oder nur unvollständig verarbeitet.

Cerebrale Sehbeeinträchtigungen können unterschiedliche Auswirkungen auf das funktionelle Sehen haben:

  • Gesichtsfeldausfälle
  • Schwierigkeiten, Farben zu erkennen
  • Probleme beim Erkennen von Objekten und Formen
  • Auffälligkeiten in den augenmotorischen Funktionen
  • Sehschärfe und das Kontrastsehen können herabgesetzt sein, obwohl es keine okulären Ursachen dafür gibt
  • Schwierigkeiten, Gesichter oder Mimik zu erkennen
  • Probleme bei der Bewegungswahrnehmung

Es kann auch gleichzeitig eine okulare und eine cerebrale Sehbeeinträchtigung vorliegen.

3. Welche Anzeichen gibt es, die auf ein Sehproblem hinweisen?

Dass Kinder und Jugendliche ein Sehproblem haben, fällt nicht immer auf. Es gibt aber eine Reihe von Hinweisen, die auf ein mögliches Sehproblem hindeuten können:

  • Äußerungen des Kindes / Jugendlichen über Sehbeschwerden, wie z. B. verschwommenes, unscharfes Sehen, Schwierigkeiten beim Sehen in die Ferne (beim Blick an die Wandtafel) oder beim Beobachten von Versuchen, beim Lesen kleiner Drucke;
  • Organauffälligkeiten wie Augenzittern, Augenrollen, Schielen;
  • Blickauffälligkeiten wie scheinbares Vorbeisehen an einem fixierten Objekt, keinen Blickkontakt aufnehmen können, "verschlafener" Blick;
  • Erfolgloses Sehverhalten mit Auswirkungen wie Anstoßen, Stolpern, Danebengreifen, Fehltritte bei Treppen;
  • Abweichendes Sehverhalten, z. B. "mit der Nase lesen", schiefe Kopfhaltung beim Sehen, Gebrauch nur eines Auges;
  • Erhöhte Blendempfindlichkeit, Lichtscheu oder aber auch Wunsch nach mehr Licht;
  • Unsicherheit in der Fortbewegung bei wechselnden Lichtverhältnissen;
  • Unsicherheit bei der Bewegung in unbekannter Umgebung
  • Kurzfristiges Interesse bei Aufgaben, die Anforderungen an das Sehen stellen;
  • Schwierigkeiten bei der Aufmerksamkeit
  • Blinzeln, häufiges Augenreiben, Rötungen oder Tränen der Augen; Kopfschmerzen oder schnelle Ermüdung bei Aufgaben, die Anforderungen an das Sehen stellen.

Bei der Diagnose Autismus sollte in jedem Fall eine Überprüfung der Sehfähigkeit stattfinden (okular und cortikal).

4. Wie kann die konkrete Unterstützung im Gemeinsamen Lernen aussehen?

4.1. Lehrkräfte für Sonderpädagogik im Förderschwerpunkt Sehen

Lehrkräfte der allgemeinen Schule, sowie Eltern und Schüler*innen mit einer Sehbeeinträchtigung werden durch Sonderpädagog*innen mit dem Förderschwerpunkt Sehen beraten und unterstützt. Die Sonderpädagog*innen arbeiten an einer Förderschule bzw. einem Beratungs- und Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sehen. Die unten angehängte Datei beinhaltet mögliche Beratungs- und Unterstützungsangebote durch die Lehrkraft für Sonderpädagogik an der Schule des Gemeinsamen Lernens.

Die folgenden Punkte fassen den möglichen Ablauf der Beratung und Unterstützung zusammen:

  • Erste Kontaktaufnahme zur Schule bzw. zum Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Sehen durch Eltern, Schulen, Ärzte, andere Dienste
  • Besuch des Schülers/ der Schülerin an der Schule und zu Hause, Beobachten des Seh- und Sozialverhaltens, Überprüfung des funktionalen Sehens mit dem Ziel der Feststellung des individuellen (sonder-)pädagogischen Förderbedarfs
  • Ausstattung mit Hilfsmitteln und Medien
  • Beratung der Lehrerkräfte: Erläuterung der Auswirkung der Sehbeeinträchtigung auf das Lern- und Sozialverhalten; didaktisch-methodische Veränderungen des Unterrichts, Nachteilsausgleich etc.
  • Bei Bedarf Information der Mitschüler*innen
  • Begleitende Beratung und Unterstützung aller Beteiligten über den gesamten Prozess der Schullaufbahn

Eine Übersicht über die Schulen und Förderzentren für Schüler*innen mit einer Sehschädigung finden Sie in unserer Adressdatenbank.

4.2. Medienzentralen

Die Medienzentren in Berlin, Chemnitz, Frankfurt, Friedberg, Halle, Hannover, Ilvesheim, Marburg, München, Schleswig, Soest, Stuttgart sowie an anderen Standorten übertragen Unterrichtsbücher und Anschauungsmittel für Schüler*innen mit Sehschädigung im gemeinsamen Lernen. Diese Medienzentren arbeiten im Arbeitskreis „AK Medienzentren“ zusammen.

In den Medienzentralen können, nach Anmeldung der Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigung durch deren Schulen, folgende Materialien angefordert werden:

  • Schulbücher in allen Fächern in Brailleschrift, in digitaler Form oder als Hörtext
  • Schullektüren in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Latein und Spanisch
  • taktile Abbildungen mit Schwerpunkt auf den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern
  • taktile Karten sowie
  • Funktionsmodelle

Texte in digitaler Form können dann über einen Online-Zugang von den GL-Lehrkräften oder von Schüler*innen selbst heruntergeladen sowie aktuell im Unterricht verwendet und nach Gebrauch gelöscht werden. Ein Schulbuchexemplar in gedruckter Form muss immer zusätzlich vorhanden sein. Manche Medienzentralen beraten darüberhinaus Schulen bei der Versorgung und Beschaffung von Lehr- und Lernmaterialien und bieten Fortbildungen für GL-Lehrkräfte an.

Durch ein arbeitsteiliges und abgestimmtes Übertragen von Lehrwerken und Anschauungsmedien sollen die vorhandenen Ressourcen effektiver genutzt und doppelte Übertragungen von Schulbüchern vermieden werden. Übertragene Schulbücher werden auf der Homepage des hessischen Bildungsservers vermerkt. Beim hessischen Bildungsserver handelt es sich um eine Recherche-Datenbank, die den Bestand der Medienzentren an bereits übertragenen Lernmitteln angibt und einen Überblick über die aktuellen und projektierten Übertragungsarbeiten bieten.
Bei einer erfolgreichen Recherche kann das Medienzentrum, das eine Übertragung sucht, mit dem Medienzentrum, das in Besitz der gesuchten Übertragung ist, Kontakt aufnehmen und eine Kooperation absprechen. Auf diese Weise können Doppelübertragungen vermieden werden.

Am 3.2.2014 wurde der sogenannte "Vertrag der Bundesfachkommission für die Überprüfung von Lehr- und Lernmitteln über den erleichterten Zugang blinder und sehbehinderter Schülerinnen und Schüler" abgeschlossen. PDF-Dateien, die bisher teilweise durch Eltern sehbeeinträchtigter Schüler*innen bei manchen Verlagen bestellt werden konnten, dürfen nun als PDF-Datei von der Zentralstelle über die Medienzentrale oder die Förderschule Sehen an sehbeeinträchtigte Schüler*innen in der inklusiven Beschulung - nach Einzelanforderung - weitergegeben werden. Jede einzelne Weitergabe wird an die Zentralstelle weitergemeldet. Häufig gestellte Fragen zu diesem Thema, zum Beispiel, wer für die Sicherung der Daten zuständig ist, beantwortet eine PDF der Johann-Peter-Schäfer-Schule in Friedberg (Hessen). Unter dem Link ist auch ein Download der erforderlichen Formblätter für die Anforderung der Medien möglich.

4.3. An wen kann man sich wenden?

Bei Fragen bezüglich der Beratung und Unterstützung von Schüler*innen mit einer Sehbeeinträchtigung an allgemeinen Schulen und an Förderschulen können Sie sich gerne an uns wenden, oder sie kontaktieren direkt die Schulen bzw. Beratungs- und Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt Sehen in Ihrer Region. Die Adressen der Einrichtungen finden Sie in unserer Adressdatenbank.

5. Didaktische und methodische Hinweise bei Sehbeeinträchtigung

zusammengestellt von A. Iggesen und F. Laemers

Grundsätzlich lässt sich zusammenfassen: Ein handlungsorientierter, individualisierender Unterricht, der die Verschiedenheit aller Schüler*innen berücksichtigt und unterschiedliche Zugangsweisen und Lernwege ermöglicht, ist ein Unterricht, der den Lernbedürfnissen eines Kindes oder Jugendlichen mit Sehbeeinträchtigung sehr entgegenkommt. Das Lernen mit allen Sinnen und die Möglichkeit, wo immer machbar Realbegegnungen zu schaffen, kommt auch den sehenden Schüler*innen zugute. Bei der konkreten Vorbereitung von Themen und Unterrichtsreihen sind die Sonderpädagog*innen und -pädagogen beratend und unterstützend tätig. Eine Sehschädigung wirkt sich unter funktionalen Aspekten in unserer auf Visualität ausgerichteten Kultur im Alltag in den folgenden vier Lebensbereichen aus (vgl. Hyvärinen 2001):

  • Kommunikation (in der Gruppe sowie von Person zu Person)
  • Orientierung und Bewegung
  • Aktivitäten des täglichen Lebens
  • Länger andauernde Aufgaben, die ein Sehen in der Nähe erfordern (Lesen, Schreiben, Spielen etc.)

Bei der Erstellung der didaktischen und methodischen Hinweise haben wir uns an diesen vier Bereichen orientiert und besonders die im schulischen Bereich relevanten Faktoren berücksichtigt. Es ist zu beachten, dass bei jedem Schüler, bei jeder Schülerin im Einzelfall zu prüfen ist, welcher der Hinweise zutreffend ist. Wichtig ist, dass die Hilfen von den Lehrer*innen selbstverständlich und unaufdringlich gegeben werden sollten. Dies erleichtert vor allem die soziale Integration, wenn der Schüler/ die Schülerin nicht ständig mit seiner Sehschädigung und dem damit verbundenen Aufwand vor der Klasse hervorgehoben wird. Es besteht die Gefahr, dass die vielfältige Persönlichkeit eines Schülers/ einer Schülerin lediglich auf die Sehschädigung reduziert wird, dies ist für das gemeinsame Leben und Lernen nicht unbedingt förderlich.


Im Didaktikpool finden Sie einige Beispiele aus der integrativen Praxis - besonders hinweisen möchten wir auf das online verfügbare Buch von Emmy Csocsán und Elke Zollitsch "Miteinander lernen macht Spaß" - Hier finden Sie eine Fülle von Anregungen und Ideen, die Elke Zollitsch im Rahmen ihrer Tätigkeit als Lehrerin einer Grundschulklasse, in der zwei blinde Mädchen beschult wurden, dokumentiert hat.

Angehängte Datei(en)

5.1. Didaktische Hinweise bei Sehbehinderung

1.1 Sitzplatz

  • Auf gute Beleuchtung achten: Blendempfindliche Kinder und Jugendliche (z. B. bei Albinismus, Farbenblindheit, grauem Star) sollten vor direktem Sonnenlicht geschützt werden. Andere Kinder und Jugendliche mit einer Sehbehinderung benötigen eine gute Beleuchtung; oft sind zusätzliche Deckenstrahler über der Tafel sinnvoll. Falls der Lichtbedarf des Kindes oder Jugendlichen sehr hoch ist, muss eine zusätzliche Einzelplatzleuchte am Arbeitstisch angebracht werden.
  • Schüler*innen mit einer Sehbehinderung sollten in der Regel vorne sitzen: Bei Einsatz eines Bildschirmlesegeräts mit Tafelkamera oder eines Monokulars ist im Einzelfall auch ein Sitzplatz weiter hinten möglich und kommt dem Wunsch vieler Schüler*innen mit einer Sehbehinderung entgegen, einmal nicht der Lehrkraft „vor der Nase zu sitzen“.
  • Damit sich Schüler*innen mit einer Sehbehinderung beim Lesen und Schreiben nicht so tief hinabbeugen müssen und keine Rückgratschädigungen auftreten, empfiehlt sich aus ergonomischen Gründen eine neigungsverstellbare Arbeitsplatte, die die Lese- und Schreibvorlage näher an die Augen heranführt. Dies kann sowohl ein neigungs- und höhenverstellbarer Einzeltisch sein als auch ein Tischaufsatz, der auf einen normalen Schreibtisch gesetzt wird und mehr Flexibilität ermöglicht. Andere Alternativen zum Lesen bieten Leseständer bzw. Konzepthalter. Eine einfache und unauffällige Lösung bietet ein fester, breiter Aktenordner, der auf den Tisch gelegt auch diese Funktion erfüllen kann.


1.2 Tafelbild

  • Starke Kontraste ergeben sich durch eine saubere Tafel und die Verwendung von weißer oder gelber Kreide. Welcher Kontrast am besten gesehen werden kann, sollte mit dem Schüler oder der Schülerin ausprobiert werden.
  • Es sollte immer die Möglichkeit gegeben werden, zur Tafel zu gehen, wenn der Tafelanschrieb vom Platz nicht mehr erkannt werden kann.
  • Zum Lesen an der Tafel vom Platz aus kann ein Monokular oder ein Binokular benutzt werden. Wichtig ist, dass die Handhabung in das Hilfsmittel eingeübt wird.
  • Ein elektronisches Bildschirmlesegerät mit Tafelkamera kann das Tafelbild auf einen Bildschirm am Platz des Schülers oder der Schülerin übertragen.
  • Lehrer und Lehrerin verbalisieren, was an der Tafel geschrieben wird, so dass eventuell nicht lesbare Informationen akustisch aufgenommen werden können. Nonverbale Hinweise, wie z.B. Kopfnicken können von Schüler*innen mit einer Sehbehinderung oft nicht erkannt werden.
  • Ein*e Mitschüler*in stellt während des Abschreibens eine Durchschrift mit Pauspapier her.
  • Eine weitere Möglichkeit kann sein, dass Schüler*innen mit einer Sehbehinderung vom Nachbarn abschreiben dürfen, was dieser von der Tafel abgeschrieben hat bzw. es sich vom Nachbarn diktieren lassen.
  • Die Unterlagen mit dem Tafelbild im Heft der Mitschüler*innen werden dem Kind mit Sehbehinderung als Kopien gegeben.
  • Ein iPad bietet die Möglichkeit, dass ein Foto vom Tafelbild gemacht wird. Dieses Bild kann dann auf dem iPad vergrößert werden. So Können Schüler*innen den Tafelanschrieb an seinem Platz in Ruhe übertragen.


1.3 Textvorlagen & Bilder

  • Auf Kontraststärke achten; möglichst schwarz auf weiß; grauer Strich auf grauem Umweltpapier ist schlecht sichtbar.
  • Vergrößerungskopien können bei kleiner Schrift helfen; bei Abbildungen evtl. auch. Dabei ist zu beachten, dass der Vergrößerungsfaktor von DIN A4 auf DIN A3 lediglich 1,4 beträgt (141%).
  • Ein Lesepfeil, eine Leseschablone oder ein deutlich umrandetes Lesefenster ist für Leseanfänger meist eine Erleichterung bei der Orientierung im Text. Auch das Abdecken des nicht zu bearbeitenden Seitenabschnitts kann Klarheit bringen.
  • Selbsterstellte Arbeitsblätter auf dem Computer machen eine individuelle Schriftgröße sowie besonderen Zeilenabstand und evtl. Fettdruck möglich.
  • Der Text kann auf ein digitales Endgerät (z. B. auch auf ein IPad) oder auf eine CD aufgesprochen und in Vorbereitung auf den Unterricht von Schüler*innen abgehört werden.
  • Umfangreiche Texte können Schüler*innen mit einer Sehbehinderung tags zuvor ausgegeben werden.
  • Ein Bildschirmlesegerät wird eingesetzt.
  • Grafiken müssen je nach Komplexitätsgrad und Größe und des Sehvermögens der Schülerin oder des Schülers adaptiert werden (Strukturierung, Konturierung, Vereinfachung, Farbe, Kontrast, Beschreibung).
  • Bei der Adaption von Grafiken sollten folgende Fragen gestellt werden:
    • Was soll die Grafik veranschaulichen? Kann dies entsprechend umgesetzt werden?
    • Gibt es evtl. eine andere einfachere Möglichkeit, dies zu verdeutlichen? (z. B. durch ein „Hörbild“, Beschreibungen, ein Modell, ein Artefakt oder eine reale Begegnung, etc.)
    • Ist die Information, die die Grafik beinhaltet auch schon im Text vorhanden – ist sie redundant?
    • Kann die Abbildung bei der Umsetzung vereinfacht werden, ohne die relevanten Informationen zu verlieren?
    • Ist es sinnvoller, die komplexe Information der Grafik in zwei oder drei Grafiken darzustellen?
    • Steht der Zeitaufwand für die Adaption in vertretbarem Verhältnis zur Nutzung?
  • Bilder mit weniger visueller Information bieten mehr Übersicht.


1.4 Schreiben

  • Wem das Schreiben auf normalen Linien schwer fällt, sollte dickere, evtl. rote Linien benutzen.
  • Für Schreibanfänger gibt es Hefte mit farbigen Schreibflächen statt Linien, die die Schrift besser herauskommen lassen.
  • Filzschreiber, Tintenroller oder Fineliner geben mehr Kontrast als Bleistifte. Wenn Bleistifte bei Schreibanfängern bevorzugt werden, sollten sie weich sein, um dicker und dunkler zu schreiben. Der Schreiblernstift mit dicker Mine ist ebenfalls kontrastreich. Eine gute Lösung sind Tintenroller (z. B. FriXion), die sich wegradieren lassen. Diese gibt es auch in schwarz, sodass ein guter Kontrast gewährleistet ist.


1.5 Projektionen / Videos

  • Möglichst in Augenhöhe projizieren, außerdem Beschreibung des Bildes – falls erforderlich.
  • Overhead oder Powerpointfolien sollten dem Schüler oder der Schülerin direkt als Kopie gegeben werden, so kann der Schüler/ die Schülerin die Folie oder die Vorlage am Platz betrachten.
  • Der Schüler oder die Schülerin sollte einen möglichst nahen Platz vor der Projektionsfläche bzw. dem Bildschirm erhalten.
  • Bei Bedarf müssen ergänzende Beschreibungen gemacht werden – dies gilt insbesondere auch bei Videofilmen.


1.6 Landkarten

  • Bei der Arbeit an der Wandkarte ist aus der Entfernung die Schrift nicht zu lesen und es geht bei naher Betrachtung leicht der Überblick verloren. Die Arbeit mit dem Atlas ist oft besser handhabbar, bleibt jedoch auch mit Einsatz von Lupen mühsam. Farbige Vergrößerungskopien können hilfreich sein. Zusätzliche Markierungen mit Marker- oder Filzstift erleichtern das Zurechtfinden. Bewährt hat sich der sukzessive Aufbau mit Hilfe von Overlay-Folien.


1.7 Naturwissenschaftlicher Unterricht

  • Bei Experimenten: Um die Experimentanordnung kennen zu lernen, kann der Schüler oder die Schülerin mit einer Sehbehinderung ganz nah herantreten. Die Versuchsanordnung und die Durchführung des Experiments sollte genau beschrieben werden.
  • Bei der Betrachtung von Modellen Gelegenheit und Zeit geben, sie ganz für sich aus der Nähe zu betrachten.


1.8 Mathematik / Geometrie

  • Wenn ein Bleistift benutzt werden soll, sollte er sehr weich sein, um dicker und dunkler zu schreiben. Ein dünner Filzstift ist evtl. wegen der stärkeren Kontraste besser geeignet.
  • Es gibt Zirkel für Filzstifte.
  • Auf große Zahlen bei Lineal und Geodreieck ist zu achten. Bewährt hat sich das Unterlegen mit Markierungs-Klebeband bzw. die direkte Markierung auf dem Lineal bzw. Geodreieck (Edding bzw. Konturenfarbe).
  • Es kann Millimeterpapier mit verstärkten Linien benutzt werden.
  • Bei geometrischen Zeichnungen erhält der Schüler oder die Schülerin eine Genauigkeitstoleranz (individuell nach Art der Sehbehinderung).
  • Die Lehrkraft sollte sich fragen, ob der Schüler oder die Schülerin bei geometrischen Aufgaben, das Konstruktionsprinzip verstanden hat.

Auf der Webseite des "Deutschen Zentrums für Lehrerbildung Mathematik: Mathe inklusiv mit PIKAS" finden Sie Hinweise auf gute und angepasste Lernumgebungen, die es sehgeschädigten Kindern und Jugendlichen ermöglichen, erfolgreich zu lernen. 

1.9 Klassenarbeiten

  • Kinder und Jugendliche mit einer Sehbehinderung benötigen die gleiche bis zu der doppelten Arbeitszeit. Entsprechend dem Erlass über den „Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderungen bei Prüfungen und Leistungsnachweisen“ ist eine Arbeitszeitverlängerung zu gewähren. Die Zeit hängt ab von der Art und Qualität der Vorlagen und wie Kinder und Jugendliche mit einer Sehbehinderung die Handhabung der Sehhilfen beherrschen.
  • Im Rahmen des Nachteilsausgleichs sind eine Vielzahl von individuell abzustimmenden Modifikationen möglich. Eine beispielhafte Übersicht finden Sie auf der ISaR-Website unter diesem Link


1.10 Allgemeine Hinweise

  • Ein handlungsorientiertes Lernen erleichtert dem Schüler oder der Schülerin das Begreifen der Zusammenhänge.
  • Die Adaption des Unterrichtsstoffes kann evtl. auch durch die Reduktion des Stoffes erreicht werden.
  • Eine Orientierung an aktuellen Erfahrungen und Erlebnissen ist generell sinnvoll und wünschenswert.
  • Zeitzugaben können nicht nur bei Klassenarbeiten, sondern auch im gesamten Unterricht hilfreich sein.
  • Schüler*innen mit einer Sehbehinderung sollten mit ihrem Namen angesprochen werden, da sie nonverbale Aufforderungen (wie z. B. Kopfnicken) nicht immer wahrnehmen können.
  • Vermeiden von Wörtern wie ‚da’ und ‚dort’ in Verbindung mit Zeigegesten, die nicht wahrgenommen werden können.
  • Lehrkräfte sollten sich immer wieder erlauben, die Perspektive des sehgeschädigten Kindes oder Jugendlichen einzunehmen. Dadurch werden mögliche Fragen oder Schwierigkeiten evtl. schon im Vorfeld klar. Dennoch sollte es vermieden werden, im Vorhinein Vermutungen anzustellen und diese für Tatsachen zu halten.
  • Der Körper des Kindes bzw. Jugendlichen kann als Bezugspunkt/ Ausgangspunkt für das Lernen genutzt werden.
  • Es ist zu empfehlen, Situationen zu gestalten, die dem Kind oder Jugendlichen mit einer Sehbehinderung das Lernen erleichtern.


Bei Kindern und Jugendlichen mit Sehbehinderungen sind häufig noch nicht gemachte Erfahrungen zu verzeichnen. So sind Dinge in größerer Entfernung oder besonders kleine Gegenstände vielleicht noch nie wahrgenommen worden (z. B. die Spitze eines Baumes, die Beine einer Fliege, usw.).

  • Die Lehrperson sollte eine große Akzeptanz gegenüber sogenannten „Stereotypien“ entwickeln. Letztlich machen jede Bewegung und Handlung für denjenigen, der sie ausführt einen Sinn. Durch nahes Herangehen z. B. kann versucht werden, ein besseres Bild zu bekommen, ständiges Herumlaufen in der Gruppe kann möglicherweise dem Kind oder Jugendlichen helfen, einen Überblick über die Situation zu gewinnen.
  • Verbalisierung und Vergegenständlichung ist bei fehlender visueller Erarbeitung von Unterrichtsmaterial wichtig. Gegenstände können, wenn möglich, in die Hand gegeben werden.
  • In Fächern oder Unterrichtsbereichen, in denen aufgrund einiger Inhalte eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht nicht immer möglich ist (z. B. Sport, Werken, Technisches Zeichnen, Textilarbeit), sind Alternativen innerhalb dieser Unterrichtsbereiche anzubieten. Die Befreiung von einzelnen Fächern ist nicht im Sinne der inklusiven Beschulung.
  • Ausreichend Zeit sollte vorhanden sein, um Einzelheiten zu betrachten. Wechsel von Unterrichts- und Arbeitsformen sollten aufgrund erschwerter Sehbedingungen flexibel gehandhabt werden.

5.2. Didaktische Hinweise bei Blindheit

2.1 Sitzplatz

  • Schüler*innen mit Blindheit brauchen einen Platz von dem aus das, was die Lehrkraft sagt, gut zu verstehen ist. Dabei sollte aber eine Isolierung von den Mitschüler*innen vermieden werden. Manchmal ist ein zweiter Tisch als zusätzliche Arbeitsfläche (z. B. für die Punktschriftmaschine, Laptop, etc.) sinnvoll.
  • Es muss genügend Arbeitsfläche vorhanden sein, um Platz für die großen Punktschriftbücher und die Arbeitsgeräte zu haben. Ein zusätzlicher Schrank oder ein Regal sind erforderlich, um die Materialien zu verstauen.
  • Nach Möglichkeit ist darauf zu achten, dass der Klassenraum ein ruhiger, nicht von Verkehrs- und anderem Lärm gestörter Raum ist.
  • Für die Nutzung des Laptops ist eine Versorgung mit Strom am Sitzplatz erforderlich.


2.2 Tafelbild

  • Das Tafelbild, die Overheadfolie oder das Tafelbild auf einem Smartboard muss verbalisiert werden (von Lehrkraft, Mitschülern*innen oder Inklusionsassistenz) bzw. sollte – sofern es nicht im Unterricht entwickelt wird – in taktiler Form (Punktschrift/ Reliefzeichnung) vorliegen.
  • Bei Tafelanschriften ist es hilfreich, wenn die Lehrkraft diese gleich laut mit vorliest.
  • Tafelabschriften erfolgen durch Diktat oder die Inklusionsassistenz. Es kann auch hilfreich sein, wenn die Lehrkraft das Tafelbild dem Schüler/ der Schülerin in digitaler Form für die Braillezeile zur Verfügung stellt.


2.3 Textvorlagen & Bilder

  • Textvorlagen müssen in Punktschrift übertragen werden (digital oder/ und Ausdruck). Sie können zudem in akustischer Form vorliegen, indem sie z. B. auf einen Tonträger oder ein digitales Endgerät aufgesprochen werden.
  • Je nach Unterrichtsfach bzw. Aufgabenstellung und Textlänge reicht eine akustische Umsetzung. Dies muss individuell entschieden werden.
  • Die Bereitstellung der Textvorlagen erfordert eine wesentlich langfristigere Vorausplanung als allgemein üblich. Von daher ist eine Abstimmung und Planung mit der Person, die für die Umsetzung in Brailleschrift zuständig ist, erforderlich.
  • Das Layout und Zeilenumbrüche sollten so gestaltet sein, dass die Schüler*innen sich selbständig darin zurechtfinden können. Ein Leitfaden zur Übertragung von Punktschrifttexten wurde 2000 von der AG Braille im VBS entwickelt. Diesen finden Sie im Internet auf der Seite www.braille.ch Um Texte aus Word zu übertragen, ist die Nutzung des E-Buch-Standards erforderlich.
  • Um ein gemeinsames Arbeiten zu ermöglichen, müssen die Schwarzschriftseitenzahlen und –umbrüche in der Punktschriftausgabe gut zu finden sein.
  • Neben der Möglichkeit, auf Hörbücher zurückzugreifen, sollte auch die Möglichkeit, akustische Arbeitsblätter zur Verfügung zu stellen, berücksichtigt werden.
  • Durch das Layout können auch Hilfen zur Orientierung gegeben werden (z. B. Rechenpäckchen nicht nebeneinander sondern untereinander schreiben).
  • Soweit es möglich ist, sollten Realbegegnungen nicht durch Modelle bzw. Bilder ersetzt werden. Dies beinhaltet auch das Aufsuchen unterschiedlicher Lernorte.
  • Bei der Übertragung von Bildern/ Grafiken in tastbare Qualität ist vorher sehr genau der Informationsgehalt der Abbildung zu analysieren.
  • Vor der Herstellung taktiler Grafiken sollten folgende Fragen gestellt werden:

- Was soll die Grafik veranschaulichen? Kann dies entsprechend taktil umgesetzt werden?

- Gibt es evtl. eine andere einfachere Möglichkeit, dies zu verdeutlichen? (z.B. durch ein „Hörbild“, Beschreibungen, ein Modell, ein Artefakt oder ein reale Begegnung, etc.

- Ist die Information, die die Grafik beinhaltet auch schon im Text vorhanden – ist sie redundant?

- Kann die Abbildung bei der taktilen Umsetzung vereinfacht werden ohne die relevanten Informationen zu verlieren?

- Ist es sinnvoller die komplexe Information der Grafik in zwei oder drei taktilen Grafiken darzustellen?

- Steht der Zeitaufwand für die Herstellung in vertretbarem Verhältnis zur Nutzung?


2.4 Schreiben

  • Das Kind oder der Jugendliche mit Blindheit benutzt seine Punktschriftmaschine bzw. seine elektronischen Hilfsmittel, z. B. einen Computer mit Schwarzschrift-/ Punktschrift-Tastatur.
  • Daher ist es wichtig, dass der Schüler/ die Schülerin möglichst früh im PC-Umgang ohne Maus geschult wird. Dazu gehört auch das Lernen des Zehnfinger-Schreibens.


2.5 Projektionen / Videos

  • Bilder müssen mündlich beschrieben werden oder entsprechend taktil umgesetzt werden.
  • Videos / Filme müssen ebenfalls beschrieben werden.


2.6 Landkarten

  • Es gibt taktile Karten. Die Beschaffung kann evtl. über ein Medienzentrum erfolgen. Zu beachten ist dabei immer, dass das Betrachten einer tastbaren Karte mehr Zeit und spezielle Strategien erfordert.


2.7 Naturwissenschaftlicher Unterricht

  • Um die Experimentanordnung kennen zu lernen, ist es notwendig, dass der Schüler/ die Schülerin den Aufbau abtasten kann. Es ist wichtig, den Aufbau und das Experiment genau zu beschreiben.
  • Neben der Verbalisierung ermöglichen Messinstrumente mit Tonhöhenanzeige bzw. Sprachausgabe das Verfolgen und Durchführen von Experimenten.
  • Ein Farberkennungsgerät kann besonders im Chemieunterricht sinnvoll eingesetzt werden.


2.8 Geometrie

  • Auf einer speziellen Zeichentafel kann eine Positiv-Zeichnung auf sog. Zeichenfolie mit Stift oder Zirkel erstellt werden, wobei in die Zeichenfläche gedrückte Stecknadeln Fixierhilfe für spezielle Lineale, Winkelmesser und Zeichendreiecke leisten. Zeichenfolie mit aufgeprägtem Koordinatengitter ermöglicht das Zeichnen von Funktionsgraphen.
  • Beim geometrischen Zeichnen sind im Sinne des behinderungsbedingten Nachteilsausgleichs zeichnerische Ungenauigkeiten zu tolerieren.


2.9 Klassenarbeiten

  • Entsprechend dem Erlass über den „Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderungen bei Prüfungen und Leistungsnachweisen“ ist eine Arbeitszeitverlängerung zu gewähren. Der zeitliche Rahmen muss zu Beginn der Klassenarbeit bekannt sein, die Prüfungsvorlagen müssen blindengerecht aufbereitet sein.
  • Im Rahmen des Nachteilsausgleichs sind eine Vielzahl von individuell abzustimmenden Modifikationen möglich. Eine beispielhafte Übersicht finden Sie auf der ISaR-Website unter dem Link „Informationen“/„Recht“.


2.10 Allgemeine Hinweise

  • Grundsätzlich sollte der Einbezug des akustischen und taktilen Sinnes zum festen Bestandteil des Unterrichts werden.
  • Ein handlungsorientiertes Lernen erleichtert nicht nur dem Schüler/ der Schülerin mit Blindheit das Begreifen der Zusammenhänge.
  • Die Adaption des Unterrichtsstoffes kann evtl. auch durch die Reduktion des Stoffes erreicht werden.
  • Eine Orientierung an aktuellen Erfahrungen und Erlebnissen ist generell sinnvoll und wünschenswert.
  • Zeitzugaben können nicht nur bei Klassenarbeiten, sondern auch im gesamten Unterricht hilfreich sein.
  • Schüler*innen mit Blindheit sollten mit ihrem Namen angesprochen werden, da sie nonverbale Aufforderungen (wie z. B. Kopfnicken) nicht wahrnehmen können.
  • Vermeiden von Wörtern wie ‚da’ und ‚dort’ in Verbindung mit Zeigegesten, die nicht wahrgenommen werden können.
  • Lehrkräfte sollten sich immer wieder erlauben, die Perspektive des Kindes mit Blindheit einzunehmen. Dadurch werden mögliche Fragen oder Schwierigkeiten evtl. schon im Vorfeld klar. Dennoch sollte es vermieden werden, im Vorhinein Vermutungen anzustellen und diese für Tatsachen zu halten.
  • Der Körper des Schülers/ der Schülerin kann als Bezugspunkt/ Ausgangspunkt für das Lernen genutzt werden (z. B. Größenvergleiche u. ä.).
  • Es ist zu empfehlen, Situationen zu gestalten, die dem Schüler/ der Schülerin mit Blindheit das Lernen erleichtern (Strukturierung, Übersichtlichkeit, Anschaulichkeit, Zeit).
  • Aufgrund fehlender Beobachtungsmöglichkeiten bleiben vielen Kindern und Jugendlichen mit Blindheit grundlegende Erfahrungen in Alltagssituationen verschlossen, die für sehende Kinder schon in der Vorschulzeit selbstverständlich sind. Bei der Begriffsbildung besteht die Gefahr, dass wichtige Begriffe (mehr – weniger, groß – klein, rechts – links, etc.) nicht mit Inhalt gefüllt sind, bzw. wegen eingeschränkter Erfahrungs- und Beobachtungsmöglichkeiten (z.B. Wolken, Haus, usw.) noch unklar sind.
  • Die Lehrperson sollte eine große Akzeptanz gegenüber sogenannten „Stereotypien“ entwickeln. Letztlich machen jede Bewegung und Handlung für denjenigen, der sie ausführt einen Sinn. Neigt ein Kind mit Blindheit z. B. seinen Kopf oder legt sich mit dem gesamten Oberkörper in Situationen des Wartens oder Zuhörens auf den Tisch, ist dies evtl. damit zu erklären, dass ihm der visuelle Anreiz fehlt. Diese Position kann durchaus aufmerksames Zuhören bedeuten.
  • Das Kind oder der Jugendliche mit Blindheit sollte die Möglichkeit erhalten, den Klassenraum und alle anderen Orte, an denen sich die Schüler aufhalten (Nebenraum, Pausenhalle,...) zu erkunden.
  • Am Anfang des Gemeinsamen Unterrichts ist es wichtig, dass die Mitschüler*innen mit Namen benannt werden bzw. diesen selber nennen. Dies erleichtert dem Schüler/ der Schülerin mit Blindheit das Erkennen der Personen.
  • Eine Erkundung der mit Bildern und anderen Kunstwerken geschmückten Wände des Klassenraums sollte regelmäßig ermöglicht werden.
  • In Fächern oder Unterrichtsbereichen, in denen aufgrund einiger Inhalte eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht nicht immer möglich ist (z. B. Sport, Werken, Technisches Zeichnen, Textilarbeit), sind Alternativen innerhalb dieser Unterrichtsbereiche anzubieten. Die Befreiung von einzelnen Fächern ist nicht im Sinne der inklusiven Beschulung.

6. Welche Faktoren unterstützen die soziale Inklusion in der Schule und im Klassenverband? - Studie

Die Förderung sozialer Integration von Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigungen in schottischen Regelschulen - Diskussion und Empfehlungen

Bei diesem Text handelt es sich um eine Übersetzung aus dem Englischen. Der Originaltitel "Promoting social inclusion of pupils with visual impairment in mainstream schools in Scotland" von Marianna Buultjens und Joan Stead finden Sie auf der Homepage des Scottish Sensory Centre.

Diskussion

Es ergab sich ein allgemeiner Konsens unter allen interviewten Personen zu der Frage, auf welche Weise soziale Integration für Schüler*innen mit einer Sehbeeinträchtigung unterstützt werden kann. Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen setzten zwar auf verschiedene Art und Weise und mit leicht unterschiedlicher Gewichtung, aber dennoch alle die folgenden Schwerpunkte:

  • die Lehrkräfte sollten über Wissen zu Sehbeeinträchtigungen verfügen;
  • Unterstützung sollte verfügbar, aber unaufdringlich sein;
  • Kommunikation (der Lehrkräfte untereinander, zwischen Schüler*innen und Lehrkräften und zwischen Eltern und Lehrerkräften) hat große Bedeutung;
  • Freundschaften und positive soziale Interaktion in der Schule sind von großer Bedeutung;
  • Schüler*innen sollten in die sie betreffenden Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

Die Erfahrungen der Befragten illustrieren ganz klar die Bedeutung der genannten Punkte im täglichen Leben der Betroffenen. Besonders die Schüler*innen beschrieben eindeutig, was ihnen hilft, sich in der Schule integriert zu fühlen, und ebenso, wie sie sich fühlen, wenn diese Integration nicht stattfindet.

Verantwortung für Unterstützung mit Feingefühl

Die Bedeutung von einfühlsamer Unterstützung der Schüler*innen im Klassenraum wurde allgemein erkannt. Schüler*innen, Eltern und Lehrkräfte teilten die Ansicht, dass Unterstützung unaufdringlich sein sollte, um die Integration im Klassenraum zu fördern. Die Erfahrungen einiger Schüler*innen deuteten allerdings darauf hin, dass die Lehrkräfte, einfache, aber wichtige Anpassungen ihrer Unterrichtspraxis nicht vornahmen. Von allgemeinen Anpassungen des Unterrichtsstils, wie dem deutlichen Sprechen und Schreiben oder der Darbietung von Unterrichtsmaterial in verschiedenen Formaten, kann die Klasse insgesamt profitieren, und es verhindert, dass die Schüler*innen, die davon abhängig sind, sich ausgeschlossen fühlen. In einigen Interviews wurde allerdings deutlich, dass die Lehrkräfte es als eine Aufgabe der Schüler*innen empfanden, auf die Lehrkraft zuzugehen und sie z. B. zu bitten, an der Tafel größer zu schreiben. Eine solche Herangehensweise wurde häufig als fördernd für die Selbstständigkeit der Schüler*innen präsentiert, aber dies lässt die Machtverhältnisse zwischen Schüler*innen und Lehrkraft außer Acht. Ein solcher Ansatz kann daher darin resultieren, dass das Problem individualisiert wird, anstatt als allgemeines Anliegen der Integration begriffen zu werden. Einige Interviews mit Schüler*innen deuteten darauf hin, dass diese Schwierigkeiten anhaltend auftraten und dazu führen konnten, dass die Betroffenen sich ausgeschlossen fühlten. Kein Schüler wird sich wohl dabei fühlen, eine Lehrkraft immer wieder zu bitten, größer zu schreiben, und warum sollte er auch? Es ist Aufgabe der Schule, ein klar inklusives Ethos zu vertreten, durch welches das Kollegium ermutigt und unterstützt wird, alle Schüler*innen an Aktivitäten im Klassenraum zu beteiligen.

Gute Kommunikation

Schüler*innen und Eltern stellten fest, dass das Bewusstsein und die Kenntnis des Kollegiums über Sehbeeinträchtigungen das Gefühl der sozialen Integration in der Schule fördern. Wenn die Lehrkräfte sich allerdings nicht in einer unterstützenden Umgebung über ihre Kenntnisse austauschen können und das Bewusstsein über diese Thematik im Kollegium nicht geteilt wird, wird sich dort kein Wissen bzw. Bewusstsein über Wege zur Unterstützung der Schüler*innen entwickeln. Wie zuvor [in den vorherigen Kapiteln, Anm. d. Übers.] gezeigt wurde, verfügten einige Schulen über formelle Wege (Informationsbroschüren und Konferenzen) der Übermittlung von allgemeinem Wissen und Informationen über die Bedürfnisse einiger Schüler*innen. Dies war jedoch nicht immer erfolgreich. Grundlegende Informationen über die Sehbeeinträchtigungen von Schüler*innen wurden nicht an deren Lehrer*innen weitergegeben oder wurden vergessen. Wie von einigen Lehrkräften erkannt wurde, bekamen in Konferenzen die formalen Maßgaben des Curriculums Priorität, während der Frage, wie Schüler*innen sozial integriert werden können, wenig Zeit gewidmet wurde. Beratungslehrkräfte für den Förderschwerpunkt Sehen hatten oft Schwierigkeiten, mit Klassen- oder Fachlehrkräften in Verbindung zu treten, da ihnen zu wenig Zeit blieb. ‚Zeit' ist oft in der Planung nicht berücksichtigt und die Beratungslehrer*innen müssen sich ebenso beeilen, zur nächsten Schule zu kommen, wie die Schüler*innen oder deren Lehrer*innen zur nächsten Stunde.

Bedeutung des Schulethos

Das allgemeine Ethos der Schule war für viele Lehrkräfte eine wertvolle Unterstützung in ihrem Versuch, Schüler*innen in allen Bereichen des Schullebens voll zu integrieren. Schulentwicklungsprogramme, Fortbildung des Kollegiums und der Einfluss der Schulleitung sind wichtig für das Entstehen und Fördern einer Atmosphäre, in der soziale Integration als bedeutsam genug empfunden wird, um bei formellen wie informellen Gelegenheiten diskutiert zu werden. Viele Lehrkräfte erkannten die Bedeutung von zwischenmenschlichen Beziehungen in der Schule für die Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigungen, und einige hatten sich gut auf die Bedürfnisse bestimmter Schüler*innen eingestellt. Es gab aber auch eine kleine Anzahl von Lehrkräften, die das Gefühl hatten, die Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigung nicht so gut ‚kennen zu lernen' wie andere Schüler*innen in der Klasse, und sie drückten ihr Bedauern darüber aus. Die Beziehung zwischen Schüler*innen und Lehrkräften ist wichtig und man sollte sich Gedanken darüber machen, wie sie gefördert und entwickelt werden kann, wenn der größte Teil des Kontakts mit dem Schüler*innen in der Klasse durch eine Beratungslehrkraft vermittelt wird.

Die Schulen, die bereits Programme zur Förderung von sozialen Kompetenzen und Selbstwertgefühl durchführten (z. B. Arbeitsgemeinschaften und ‚buddy schemes' -Tutorenprogramme, in denen sich ältere Schüler*innen um jüngere kümmern), konnten diese auch für Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigungen nutzen. Aber selbst wenn viele Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigung von solchen Initiativen profitieren (können), wie dies von den Inspektoren der Schulaufsicht hervorgehoben wird, möchten wir mit Nachdruck empfehlen, dass die Schulen genau darauf achten, welche Schüler*innen besondere Unterstützung benötigen und wie dies am besten durchzuführen ist. Viele Jugendliche mit Sehbeeinträchtigung spielen ihre Probleme herunter, um sich gut in den Regelschulbetrieb einzufügen. Daher ist es wichtig, sie in Diskussionen und Entscheidungen, die sie betreffen, einzubeziehen. Dabei sollte allerdings bedacht werden, dass soziale Integration keine Einbahnstraße ist, die nur in der Verantwortung des Schülers oder der Schülerin mit Sehbeeinträchtigung liegt, da viele auch deshalb sozial ausgeschlossen werden, weil ihre nicht behinderten Mitschüler*innen nicht wissen, wie sie integriert werden können. Von einem jungen Befragten wurde es kurz und bündig gesagt: ‚Das Beste an dieser Schule ist, dass es nette Leute gibt'. Daher ist es nicht überraschend, dass das Thema der Ressourcen (mehr Personal oder Ausstattung) selten erwähnt wurde. Verhalten, Empathie, Wissen und Verständnis von Mitschüler*innen und Lehrerkräften sind entscheidend dafür, ob die Schüler*innen Spaß an der Schule haben und sich sicher und integriert fühlen.

Freundschaften und zwischenmenschliche Beziehungen

Freunde können auf viele Arten Unterstützung bieten und zum Selbstwertgefühl beitragen, doch einige Schüler*innen betonten vor allem den Aspekt, dass Freundschaften ihnen auch etwas Ansehen und Schutz gegen Hänseleien bieten. Obwohl nur wenige der Lehrkräfte sich zu Schikane und Hänseleien äußerten, war dies zum Zeitpunkt der Befragung oder in der Vergangenheit ein Problem für fast die Hälfte der interviewten Schüler*innen. In den Fällen, in denen die Schulen die Initiative ergriffen und Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigung z. B. in Tutorenprogrammen oder Arbeitsgemeinschaften einbezogen, konnten positive soziale Beziehungen gefördert und entwickelt werden.

Einige Eltern fanden es auch wichtig, dass ihre Kinder sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schule Freunde hatten und Kontakte knüpfen konnten. Für die Schüler*innen, die weiter von der Schule entfernt wohnten, war der Kontakt mit Schulfreunden schwierig.

Programme und Strategien

Die Bedeutung von Frühförderung für Kinder mit Sehbeeinträchtigung kann kaum überbetont werden und zeigte sich deutlich in der Beratungs- und Unterstützungsarbeit in Primar- und Sekundarstufe. Wenn die Frühförderung zu Hause stattfindet, ist es entscheidend, dass eine Person mit Fachkenntnis im Bereich Sehbeeinträchtigung für Rücksprache und Beratung zur Verfügung steht, und die Schulbehörden müssen darauf achten, diese Unterstützung zu gewährleisten. Es ist ebenso bemerkenswert wie enttäuschend, dass die Unterstützung von Anti-Rassismus-Programmen in Schulen nur von einer Minderheit der befragten Schulbehörden als wichtig für die soziale Integration betrachtet wurde. Es gibt Rassismus in Schottland, häufig versteckt oder institutionalisiert, und Schulen sollten daher ihre Anti-Rassismus-Programme verstärken, um Integration in ihrer Schulgemeinde sicher zu stellen.

Wenn man bedenkt, dass die schottische Regionalverwaltung (Scottish Executive) die Bedeutung von ganzheitlicher Erziehung und Förderung positiver Beziehungen in der Schule hervorhebt, so ist es überraschend, dass z. B. einige Schulbehörden den Morgenkreis oder Tutorenprogramme nicht förderten. Viele der befragten Schüler*innen gaben an, schikaniert zu werden, und es gab Belege dafür, dass Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigung erfolgreich in Tutorenprogramme einbezogen wurden. Daher ist es wichtig, dass die Schulbehörden solche Initiativen aktiv fördern und erhalten.

Die Verfügbarkeit von Mobilitätstraining wurde nur von einem Drittel der Befragten erwähnt. Ein Teil der Integration - körperlich, emotional und sozial - hängt von der Fähigkeit ab, sich so unabhängig wie möglich im Schulgebäude bewegen zu können. Wenn Schüler*innen mit einer Sehbeeinträchtigung das notwendige Training dafür versagt bleibt, werden ihre Möglichkeiten, selbstständig von einer Klasse in die andere zu gehen, Freunde zu treffen und an Pausenaktivitäten teilzunehmen, stark eingeschränkt.

Der Einbezug von Schüler*innen in die sie betreffenden Entscheidungen ist ein wichtiger Aspekt. Obwohl viele Schüler*innen in der Schule an Treffen beteiligt waren, bei denen ihre Fortschritte und/oder ihre Probleme diskutieren wurden, scheint es, als ob ihre Anwesenheit in solchen Treffen nicht immer zum routinemäßigen Ablauf gehörte. Schulbehörden und Schulen haben die Verantwortung, die Schüler*innen aktiv in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, und sie sollten Wege finden, dies zu ermöglichen.

Unser Projekt konzentrierte sich auf Kinder und Jugendliche in Regelschulen. Schulen sind allerdings auch Teil der Gemeinde und können den Weg nicht alleine gehen. Schüler*innen müssen das Gefühl haben, auch ein Mitglied der Gemeinde zu sein, unabhängig davon, ob es sich um die Gemeinde handelt, in der sie leben, oder die, in der sie zur Schule gehen. Um soziale Integration zu fördern, brauchen Schulen und Behörden zusätzliche Hilfe und Ressourcen von anderen Organisationen wie z. B. örtlichen Vereinen und Wohltätigkeitsorganisationen.

Obwohl zwei Drittel der Schulbehörden mit anderen Behörden zusammenarbeiteten, bezogen weniger als die Hälfte örtliche Wohltätigkeitsorganisationen ein. Die schottische Regionalverwaltung ermutigt zwar die Partizipation örtlicher Wohltätigkeitsorganisationen durch Fonds wie das SEN Innovation Grants Programme (welches gemeinsame Projekte zwischen dem ehrenamtlichen Sektor und den örtlichen Behörden fördert), aber es scheint, dass einige Gemeinden diese Möglichkeiten nicht nutzen.

Integration und besonders soziale Integration sind ein wichtiger Teil der Regierungspolitik. Soziale Integration kann auf viele Arten interpretiert werden, abhängig vom Kontext. Sie kann sich auf sozioökonomische Fragen beziehen, oder, wie im Fall dieses Projektes, auf die Erfahrungen von Individuen oder Gruppen im täglichen sozialen und unterrichtlichen Austausch mit Mitschüler*innen, Lehrerkräften und anderen Fachleuten. Es gibt einige nationale Initiativen zur Unterstützung, z. B. das Ethos-Netzwerk, und es gibt Strategien, die von Schulen angewendet werden können, z. B. Morgenkreis und Tutorenprogramme. Darüber hinaus besteht eine neue Gesetzeslage: Der "SEN and Disability Act (2001)" tritt im September 2002 in den Schulen Großbritanniens in Kraft, und dies wird Auswirkungen haben für die Schulbehörden als verantwortliche Institutionen für Schulen. Ab Oktober werden sie unter dem "SEN and Disability Act (2001)" neu planen müssen, um die Zugänglichkeit zu Umwelt, Lehrplan und Informationen für alle Kinder mit Behinderungen sicher zu stellen. Die Schulbehörden befinden sich momentan in verschiedenen Phasen der Entwicklung/ des Abschlusses ihrer Integrationsprogramme. Es gibt zur Zeit ein nationales Projekt zur Integration (National Inclusion Project), dass sich mit diesem Thema beschäftigt, und es ist beruhigend, dass viele Behörden bereits eine Strategie erarbeitet haben und festgelegt haben, auf welcher Ebene innerhalb der Behörde die Verantwortung für die Überwachung liegen sollte.

Die schottische Regionalverwaltung ermutigt Schulen, ein positives Ethos zu entwickeln, das die Integration aller Schüler*innen, sozial und akademisch, in ihre Schule und Gemeinde fördert. Die Programme sind installiert und die Evaluation durch die Schulaufsicht markiert den Fortschritt und gibt klare Hinweise darauf, was noch getan werden muss - besonders in Bezug auf die Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf. Dieser Bericht hat die spezielle Situation von Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigungen in einer Regelschule beleuchtet und zeigt deutlich, dass Integration funktionieren kann und funktioniert, dass aber alle Behörden und Schulen weiter bestärkt werden sollten, sich integrative Strategien und Methoden voll zu eigen zu machen. Insbesondere sollte der Fortbildung Beachtung geschenkt werden und der Förderung eines positiven Ethos, dass alle Mitglieder der Schulgemeinde einschließt.

Empfehlungen Empfehlungen für die Schulaufsicht ("HM Inspectorate of Education"):

  • Fragen der sozialen Integration, besonders mit Bezug auf Schüler*innen mit einer Sehbeeinträchtigung, sollten in die Evaluation von Schulbehörden, Schulen und mobilen Beratungsdiensten einbezogen werden.
  • Empfehlungen für die Bildungsbehörde der schottischen Regionalverwaltung: Die unten aufgezählten Empfehlungen sollten bei der Mittelvergabe in Betracht gezogen werden.

Empfehlungen für Schulbehörden:

  • Die Unterstützung und Beratung für Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigung um die Förderung sozialer Kompetenz erweitern.
  • Programme zur sozialen Integration unter Beachtung der Situation von Schüler*innen mit einer Sehbeeinträchtigung fördern und überprüfen.
  • Die Finanzierung von Zeit für die Kommunikation zwischen BeratungslehrerIn, KlassenlehrerIn und FachlehrerIn ermöglichen.
  • Verfahrensweisen der Schulbehörden und die Fortbildung des Kollegiums zu sozialer Integration überprüfen und evaluieren.
  • Verfahrensweisen fördern, die auch die Schüler*innen zu Wort kommen lassen.
  • Gelegenheiten für Schüler*innen mit einer Sehbeeinträchtigung fördern und finanzieren, die es ihnen ermöglichen, Arbeitsgemeinschaften nach der Schule zu besuchen und andere Kinder und Jugendliche mit Sehbeeinträchtigung zu treffen (lokal und national).
  • Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Organisationen unterstützen, die die Soziale Integration, die Soziale Kompetenz und das Mobilitätstraining fördern.
  • Kinder und Jugendliche über die Gestaltung von kinderfreundlichen Schulhöfen befragen.

Empfehlungen für Schulen

  • Die Unterstützung und Beratung für Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigung um die Förderung sozialer Kompetenz erweitern.
  • Zeit für die Kommunikation von Beratungs-, Klassen- und FachlehrerIn in der Planung berücksichtigen.
  • Die Kommunikation mit den Eltern prüfen.
  • Fortlaufende Fortbildung und Aufklärungsarbeit im Kollegium zu Fragen rund um Sehbeeinträchtigung.
  • Evaluationsstrategien zur Förderung der sozialen Integration.
  • Fortlaufende Aufklärungsarbeit mit den Mitschüler*innen zu Fragen von Sehbeeinträchtigung.
  • Evaluation der Verfahren im Hinblick darauf, ob auch die Kinder und Jugendliche mit Sehbeeinträchtigung selbst zu Wort kommen.
  • Kinder und Jugendliche über die Gestaltung von kinderfreundlichen Schulhöfen befragen.

7. Hinweise für Eltern, die ihr Kind inklusiv beschulen möchten

  • Informieren Sie sich über die rechtlichen Grundlagen der Inklusion, die in Ihrem Bundesland gültig sind.
  • Informieren Sie sich bei Elterninitiativen, Elternverbänden bzw. Eltern, die in diesem Bereich schon Erfahrungen gesammelt haben. Adressen von Elternverbänden finden Sie bei den Adressen der Selbsthilfe- und Elternorganisationen.
  • Nehmen Sie Kontakt zu den Ansprechpartnern an den Schulen und Förderzentren für Sehbeeinträchtigte auf und fragen Sie nach den Unterstützungsmöglichkeiten, die Sie dort für die Inklusion bekommen können. Falls Ihr Kind eine sehbeeinträchtigtenspezifische Frühförderung erhält, können Sie sich mit dem Anliegen auch an die Frühförderung wenden.
  • Suchen Sie eine geeignete Schule, die bereit ist, mit der entsprechenden sonderpädagogischen Beratung und Unterstützung ein Kind mit Sehbeeinträchtigung aufzunehmen. Es kann sehr hilfreich sein, wenn Sie schon bei der Schulsuche vom Beratungs- und Förderzentrum für Seebeschädigte unterstützt werden.
  • Abhängig vom Bundesland beantragt die Regelschule, die Förderschule oder Sie als Eltern die Eröffnung des in Ihrem Bundesland üblichen Verfahrens zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs und des Förderortes. Weisen Sie hier darauf hin, dass Sie ihr Kind gerne integriert beschulen wollen.
  • Wenn Sie eine Schule gefunden haben, muss geklärt werden, welche Ausstattung, Materialien etc. ihr Kind dort zum Lernen benötigt und die entsprechenden Geräte bzw. adaptierten Schulbücher etc. müssen beschafft werden.
  • Das Kind sollte die Möglichkeit haben, die neue Schule, den Klassenraum und den Klassenlehrer schon vor dem Schulbeginn kennen zu lernen. Bei einigen Kindern ist evtl. ein Mobilitätstraining hilfreich.
  • Bei einem Elternabend sollten die anderen Eltern von der KlassenlehrerIn und der SonderpädagogIn darüber informiert werden, dass ein Kind mit einer Sehbeeinträchtigung in dieser Klasse unterrichtet wird.
  • Als Vorlaufzeit sollten Sie für das ganze Verfahren ein bis eineinhalb Jahre einkalkulieren. Erfahrungen haben gezeigt, dass es aber auch in kürzerer Zeit möglich ist.

Bei Rückfragen oder Problemen können Sie gerne mit uns Kontakt aufnehmen.

8. Literaturliste

Die folgende Liste enthält Erfahrungsberichte, zum Literatur zum Einstieg in das Thema und zur Diagnostik.

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